Atemwegsinfektionen: RSV-spezifische und -unspezifische Therapiestrategien

Originalpublikation: Gatt D et al. Prevention and Treatment Strategies for Respiratory Syncytial Virus (RSV). Pathogens 2023. doi: 10.3390/pathogens12020154

Obgleich Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) die Hauptursache für Infektionen der unteren Atemwege bei Kindern darstellen, kommen bis heute überwiegend symptomatische Behandlungsoptionen zum Einsatz. Gatt et al. haben daher die Fortschritte in der RSV-Therapie der letzten 2 Jahrzehnte zum Gegenstand ihrer Übersichtsarbeit gemacht und berichten darin von RSV-spezifischen und -unspezifischen neuen Therapieansätzen.

Im Zuge der Covid-19-Pandemie sind Morbidität und Mortalität in Zusammenhang mit Virusinfektionen der oberen und unteren Atemwege zunehmend in den Fokus gerückt. So zählt eine Infektion mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) nach einem deutlichen Rückgang der Fälle während der Coronapandemie wieder zum häufigsten globalen Auslöser für Erkrankungen der unteren Atemwege bei Säuglingen und Kleinkinder in den ersten 2 Lebensjahren.

Da RSV-Infektionen aber nicht nur mit schweren Gesundheitsrisiken für die jüngsten Patienten einhergehen, sondern ebenfalls mit hohen Gesundheitskosten verbunden sind, haben Gatt und seine Arbeitsgruppe im Rahmen einer Übersichtsarbeit aktuelle Strategien zur Prävention und Behandlung einmal genauer betrachtet. Dabei legten sie ihren Schwerpunkt nicht nur auf Wirkstoffe zur spezifischen Therapie, sondern diskutieren ebenfalls nicht spezifische Behandlungsmethoden im Sinne einer symptomatischen Therapie und Möglichkeiten zur nachhaltigen RSV-Prävention.

Keine spezifische Therapie in Sicht?

Obgleich mit dem Breitspektrum-Nukleosidanalogon Ribavirin und den humanen monoklonalen Antikörpern Palivizumab und Motavizumab RSV-spezifische Therapeutika zur Verfügung stehen, konnten diese in randomisierten kontrollierten Studien nicht überzeugen. So ging eine Behandlung mit Ribavirin nicht nur mit hohen Kosten, sondern auch mit schwerwiegenden Nebenwirkungen einher. Darüber hinaus konnten die Antikörper im Vergleich zum Placebo in Hinblick auf harte Endpunkte keine messbaren Vorteile erwirken.

Betrachtet man dann aktuelle methodisch hochwertige Studien über nicht spezifische Behandlungsansätze zur supportiven symptomatischen Therapie, fällt das Ergebnis ebenfalls nüchtern aus. So mangelt es insgesamt zur Wirksamkeit von Wirkstoffen wie hrDNase, N-Acetylcystein, hypertoner Kochsalzlösung, Salbutamol, Epinephrin und Glukokortikoiden oftmals an stichhaltigen Daten. Obgleich einige Wirkstoffe die Symptomatik zwar tendenziell abmildern konnten, sind bis heute keine klaren Empfehlungen möglich, und von bestimmten Wirkstoffen, wie Leukotrieninhibitoren, wird sogar ausdrücklich abgeraten.

Prävention als „Wundermittel“

Wie also lassen sich RSV-Wellen trotz mangelnder Verfügbarkeit effektiver spezifischer und unspezifischer Therapien dennoch abfedern und in Zukunft verhindern? Die AutorInnen bringen an dieser Stelle das „Wundermittel“ der Prävention ins Spiel und verweisen auf aktuelle Fortschritte in der Entwicklung unterschiedlicher RSV-Impfstoffe, die auf Nukleinsäuren, Proteinen oder auf Lebendviren basieren.

Auch monoklonale Antikörper zählen sie zu potentiell vorbeugenden Immunisierungsstrategien, die als Alternative zu einer Impfung eine passive Immunisierung ermöglichen könnten. So betrachten Gatt und Kollegium auch in ihrem abschließenden Expertenkommentar die Prävention als wichtigste Maßnahme zur Senkung der RSV-bedingten Morbidität und Mortalität und halten vor einer weiteren hochpreisigen Entwicklung spezifischer Wirkstoffe zunächst die Einführung präventiver Maßnahmen und unspezifischer Behandlungsoptionen in Ländern mit hohen Fallzahlen aufgrund eines niedrigen Einkommens für vorrangig empfehlenswert.

Fazit:

Aufgrund eines Mangels an spezifischen Therapiestrategien zur Behandlung von RSV-Infektionen sehen die AutorInnen dieses Reviews das größte Potential in aktuellen Präventionsstrategien und einer supportiven symptomatischen Therapie. Vor der weiteren finanziellen Unterstützung zur Entwicklung neuer Therapeutika halten sie daher insbesondere die flächendeckende Implementierung präventiver Maßnahmen und symptomatischer Behandlungsansätze in Ländern mit geringem Einkommen für erfolgsversprechend.

Quelle:

Gatt D et al. Prevention and Treatment Strategies for Respiratory Syncytial Virus (RSV). Pathogens 2023. doi: 10.3390/pathogens12020154

Publikationsdatum: 30. November 2023 (online)

Autorin: Dipl.-Psych. Annika Simon