Nirsevimab bei Säuglingen: Molekulare und phänotypische Eigenschaften
Originalpublikation: Ahani B et al. Molecular and phenotypic characteristics of RSV infections in infants during two nirsevimab randomized clinical trials. Nat Commun 2023. doi: 10.1038/s41467-023-40057-8
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) gilt weltweit als häufigste Ursache für Infektionen der unteren Atemwege bei Säuglingen und Kleinkindern und endet in vielen Fällen mit einer stationären Therapie. Um künftige Infektionswellen effektiver abmildern zu können, läuft die Suche nach neuen Wirkstoffen zur Infektionsprävention. Nirsevimab ist ein solcher potentieller Wirkstoff, fungiert als rekombinanter monoklonaler humaner Antikörper gegen Immunglobulin-G1-Kappa, und soll insbesondere Säuglinge und Kleinkinder bis zum ersten Lebensjahr oder mit anhaltendem Risiko vor einer RSV-Infektion schützen.
Nachdem Nirsevimab in ersten Phase-2- und Phase-3-Studien nach intramuskulärer Einzeldosis Infektionen messbar verhindern konnte, haben Ahani et al. eine molekulare und phänotypische Bewertung der Substitution in der Nirsevimab-Bindungsstelle auf Basis der Daten einer Phase-2b-Studie und der Phase-3-Studie MELODY durchführt. Darüber hinaus beobachteten sie die Empfindlichkeit verschiedener Isolate gegenüber dem Antikörper und konzentrierten sich dabei auf RSV A und RSV B.
Hohe Empfindlichkeit von >99%
Die Phase-2b-Studie fand in 164 Zentren in 23 Ländern und die MELODY-Studie in 160 Zentren in 21 Ländern statt. Beide Untersuchungen erstreckten sich über 4 Jahre und verglichen eine Dosis von 50mg Nirsevimab bis zu einem Körpergewicht von 5kg mit einem Placebo. Den wichtigsten Endpunkt bildete eine Krankenhausbehandlung aufgrund einer RSV-Infektion in den folgenden 360 Tagen.
In der vorab festgelegten Analyse von Ahani et al. erfolgte dann die Subtypisierung und Sequenzierung der Nirsevimab-Bindungsstellen, sowie einer Analyse aller Substitutionen. Anschließend entwickelte das Forschungsteam rekombinante RS-Viren für Mikroneutralisationsempfindlichkeitstests und stellte die Häufigkeiten der Infektionen durch die beiden Subtypen A und B innerhalb und zwischen den Studien einander gegenüber.
Im Ergebnis ergab sich dann eine ähnliche Häufigkeit der beiden Subtypen in beiden Studien und auch innerhalb der Studien. Darüber hinaus zeigte sich bei Subtyp RSV A nur einer Fusionsproteinsubstitution im Vergleich zu 10 Substitutionen mit einer Häufigkeit von über 5% beim RSV B. Insgesamt waren Bindungsstellensubstitutionen bei RSV B sehr selten. Die Ausnahme bildete die Substitution mit der Bezeichnung 1206M:Q209R, die die Anfälligkeit für den Antikörper erhöhte.
Schließlich führten die Bindungsstellensubstitutionen auf RSV B Isolaten von Säuglingen zu einer reduzierten Anfälligkeit für Nirsevimab. Insgesamt zieht das Forschungsteam dennoch ein positives Fazit, da über 99% der Isolate aus beiden Studien gegenüber dem Antikörper Nirsevimab empfindlich blieben. Nirsevimab könnte demnach in Zukunft für einen effektiven Infektionsschutz sorgen und sollte in weiteren Studien getestet werden.
Fazit:
In einer Phase-2b-Studie und der Phase-3-Studie MELODY mit Säuglingen mit RSV-Infektion zeigten über 99% der untersuchten Isolate eine hohe Empfindlichkeit gegenüber dem Antikörper Nirsevimab. Darüber hinaus zeigte sich in beiden Studien eine ähnliche Häufigkeit der Virusvarianten RSV A und B. Fusionsproteinsubstitutionen konnten dagegen mit einer Häufigkeit von 5% fast ausschließlich für RSV B beobachtet werden.
Quelle:
Ahani B et al. Molecular and phenotypic characteristics of RSV infections in infants during two nirsevimab randomized clinical trials. Nat Commun 2023. doi: 10.1038/s41467-023-40057-8
Publikationsdatum: 30. November 2023 (online)
Autor Studienreferat: Dipl.-Psych. Annika Simon, Braunschweig